Aufstehen, Schule, Musikunterricht, Handball, Hausaufgaben und irgendwie noch mit sich selbst klarkommen – Kinder haben allerhand zu tun. Und mit jedem Jahr mehr. Umso wichtiger ist es, dass Kinder ihre eigenen Bedürfnisse erkennen und achten lernen. Achtsamkeitsübungen für Kinder können da wertvolle Hilfe leisten.

Wie auch du dein Kind mit altersgerechten Achtsamkeitsübungen unterstützen kannst, das zeige ich dir in diesem Artikel. Los geht’s!

Warum sind Achtsamkeitsübungen für Kinder sinnvoll?

Um das Thema und die Relevanz von Achtsamkeit für Kinder zu erklären, schauen wir uns kurz an, was genau Achtsamkeit eigentlich ist:

Achtsamkeit bedeutet nichts anderes, als bewusst und wertfrei zu beobachten. Was fühle ich? Was denke ich? Was ist um mich herum?

Wir wechseln ganz einfach die Perspektive und werden zum Beobachter: Dadurch können wir die eigenen Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse viel klarer erkennen. Das ist wichtig, um in stressigen Situationen rechtzeitig “Stopp” zu sich selbst sagen zu können.

Je früher Kinder diese Fähigkeit erlernen, desto besser. Denn dadurch lernen sie einen gesunden und wertschätzenden Umgang mit sich selbst. Statt sich dem Druck von außen immer mehr auszuliefern, sind sie fähig zu sagen: “Stopp, ich brauche eine Pause”.

Das schützt vor Überlastungserscheinungen wie Müdigkeit und Gereiztheit, Leistungsabfall und Stress. Gleichzeitig stärkt es die Resilienz, den Selbstwert und das Selbstvertrauen.

Kurz gesagt: Achtsamkeit fördert die Selbstwahrnehmung und die Selbstregulation. Beides ist unverzichtbar, um im Erwachsenenalter ein glückliches und selbstbestimmtes Leben zu führen. Je früher wir es lernen, desto besser. Am besten also, als Kind.

Jetzt bist du bestimmt schon ganz neugierig, welche Achtsamkeitsübungen speziell für Kinder ich für dich parat habe. Aber lass mich dir vorher noch kurz erzählen, wieso ich überhaupt über dieses Thema schreibe. Es ist nämlich eine ganz nette Geschichte…

Ein Kind, ein Käfer, die Achtsamkeit und ich

Es war ein Tag im Sommer, ein Samstag. Die Schwester meines Freundes war zu Besuch – mit ihrer kleinen zauberhaften Tochter Emily. Am Nachmittag sind wir in den Garten zum Fußballspielen gegangen. Du hättest sehen sollen, wie das kleine Energiebündel durch den Garten gesaust ist! Einmal schoss ich den Ball zu weit, er flog ganz in die hinterste Ecke des Gartens. Und zischhh – schon jagte Emily ihm hinterher.

Aber sie kam nicht zurück. Sie blieb einfach dort und hockte sich ins Gras. Ich wartete. Nichts passierte. Ich rief. Keine Antwort. Hm. Ich ging zu ihr. Immer noch keine Reaktion. Stattdessen starrte sie einfach nur ins Gras. Aber, halt – nicht nur ins Gras. Sondern auf einen Käfer, der auf einem Grashalm entgangkrabbelte. Also hockte ich mich neben sie. Jetzt starrten wir beide auf den Käfer. Wie lange? Ich weiß es nicht.

Irgendwann flüsterte Emily, ohne den Blick abzuwenden: “Siehst du den Käfer?”

“Ja”, flüsterte ich zurück, als wäre es nicht offensichtlich. Und dann beobachteten wir einfach weiter. Bis der Käfer irgendwann im Gras verschwand.

Dieser Moment war pures, achtsames Sein. Und ich fragte mich: Warum nicht mehr davon, wenn es so schön ist?

So, genug in Erinnerungen geschwelgt… 😉 Zurück zum Thema:

Bühne frei für meine 3 Lieblings-Achtsamkeitsübungen für Kinder!

Meine 3 liebsten Achtsamkeitsübungen für Kinder

Diese 3 Achtsamkeitsübungen sind für Kinder im Alter ab ca. 4 Jahren super geeignet. Und für Erwachsene natürlich auch! Je nach Alter kannst du die Übungen nach Lust und Laune abwandeln, erweitern, vereinfachen…

Der achtsame Waldspaziergang

Wenn du meine kleine Geschichte gelesen hast, kannst du sicher gut nachvollziehen, warum diese Achtsamkeitsübung zu meinen Lieblingsübungen gehört.

Nehmt euch dazu eine Stunde oder mehr Zeit. Sucht euch immer mal wieder ein schönes Plätzchen, um kurz innezuhalten, zu beobachten und wahrzunehmen:

  • Was summt denn da?
  • Horch, da singt ein Vogel
  • Spürst du die Sonnenstrahlen auf deinem Gesicht? Wie fühlen sie sich an?
  • Schau, das Blatt hat ganz feine Härchen
  • Riech mal, so riecht der Wald…

…und sicher findet ihr auch ganz viele Käferchen im Wald.

Die 3-Minuten-Meditation

Diese Mini-Meditation lässt sich super mit dem Waldspaziergang kombinieren, aber auch überall sonst durchführen. Sie besteht aus 3 Schritten, die jeweils eine Minute dauern. Und so geht’s:

  1. Erkläre deinem Kind, dass ihr jetzt eine kleine Übung macht, die 3 Minuten dauert.
  2. Sucht euch eine bequeme Sitz- oder Liegeposition.
  3. Leite dein Kind wie folgt an:

1. Minute: “Schließ die Augen, und atme ganz tief durch die Nase ein (deutlich einatmen), und durch die Nase wieder aus. Spüre, wie die Luft sich durch deine Nase bewegt. Und nochmal: Ein… Aus… Ein… Aus…

2. Minute: “Lass deine Augen geschlossen. Atme weiter, ganz ruhig. Lenke nun deine Aufmerksamkeit von deinem Atem auf deine Hände. Spürst du deine Hände? Sind sie warm oder kalt? Leicht oder schwer? Was berühren deine Hände? Spüre ganz tief in deine Hände hinein.”

3. Minute: “Bedanke dich in Gedanken bei deinen Händen, dass du sie so schön spüren durftest. Und nun, wandere mit deiner Aufmerksamkeit von deinen Händen ganz langsam zu deinem Herzen. Vom Arm, in die Schulter, in die Brust und direkt zu deinem Herzen. Spürst du, wie es schlägt? (Kurze Pause) Stell dir jetzt vor, dein Herz wird ganz groß und weit. Und noch grööößer und weeeeiter. So weit, bis es den ganzen Raum ausfüllt. Wie fühlt sich das an? Verweile noch ein wenig in diesem Gefühl.

Lenke jetzt deine Aufmerksamkeit zurück in deine Hände. Bewege zuerst nur einen Finger ganz wenig, dann die ganze Hand. Atme nun einmal tiiiief ein, bevor du langsam wieder die Augen öffnest…”

Tipp: Bei kleineren Kindern kannst du auch nur die erste Minute durchführen oder zwischen den 3 Minuten jeweils eine Pause machen.

Stopptanz mal anders

Diese Achtsamkeitsübung liebe ich, weil sie so spielerisch, locker und dynamisch ist. Wahrscheinlich kennst du Stopptanz sogar – nur nicht als Achtsamkeitsübung. Der Unterschied zu “normalem” Stopptanz ist, dass es keine Gewinner gibt und keine Verlierer gibt. Stattdessen dient das “Stopp” nach dem wilden Tanz zur Selbsterfahrung.
Den Stopptanz kannst du mit deinem Kind nur zu zweit oder in der Gruppe durchführen.

Es geht so:

  1. Sucht euch eine tolle Kindermusik aus.
  2. Erkläre deinem Kind das Spiel: “Wir tanzen zu der Musik ganz wild. Sobald die Musik aus ist, halten wir ganz schnell unsere Bewegung an. Genau so, wie wir gerade stehen. Dann sind wir ganz still und spüren, wie sich unser Körper anfühlt. Und dann geht es wieder weiter, wenn die Musik angeht!
  3. Los geht’s! Wenn du selbst auch mitspielst, schalte die Musik am besten über dein Handy ein und aus, damit dein Kind nicht “vorgewarnt” ist.
  4. Die Pause sollte ca. 15 – 60 Sekunden dauern. Spielt so lange, wie ihr Lust habt!

Tipp: Während der Pause kannst du die unterschiedlichsten “Regeln” einführen: Die Augen schließen, tief in den Bauch atmen, die Füße spüren, die Hände…

So, nun kennst du meine Top 3 Achtsamkeitsübungen für Kinder. Für die Umsetzung habe ich hier noch einen kleinen Extra-Tipp für dich, falls dein Kind nicht besonders auf deine Achtsamkeits-Bemühungen anspringt:

Anstatt dein Kind zum Mitmachen aufzufordern, mach es einfach selbst vor! Wenn es zum Beispiel sieht, wie du auf dem Boden sitzt und meditierst, weckst du garantiert seine Neugier. Ermuntere es, sich einfach neben dich zu setzen, mitzumachen und erkläre, was du tust.

Und nun: Viel Spaß beim Ausprobieren!

Tara Hanke GastautorinÜber die Autorin:

Tara Hanke ist Resilienz-Trainerin und Entspannungscoach. Auf ihrem Blog coachinglovers.com schreibt sie rund um die Themen Achtsamkeit, Resilienz und Stressbewältigung.